Geschafft: Wiederitzscher Fußballer sammeln mithilfe der Leipziger Crowd 51.111 Euro für Kunstrasenplatz
von Simone Liss | 21.04.2024
von Simone Liss | 15.01.2025
Ob Kunstrasenplatz, Kalender oder Koch-Utensilien: 29 Vereine und gemeinnützige Initiativen finanzierten 2024 mithilfe der Leipziger Crowd erfolgreich eigene Projekte. Somit knackt die Plattform die 1,5-Millionen-Euro-Marke.
Von Herzen kommt das Dankeschön an alle Unterstützer des FC Blau-Weiß Leipzig und sein Kunstrasen-Bauvorhaben.
Von Herzen kommt das Dankeschön an alle Unterstützer des FC Blau-Weiß Leipzig und sein Kunstrasen-Bauvorhaben.
In den Wintermonaten nutzen die 20 Mannschaften des FC Blau-Weiß Leipzig den Hartplatz auf der Kurt-Kresse-Kampfbahn. Wenn es regnet, läuft das Spielfeld voll und das Training fällt ins Wasser.
Wiederholungstäter gelten gemeinhin als unbelehrbar und uneinsichtig. Doch im besten Fall sind es die Erfahrung und Überzeugung, die einen zum „Wiederholungstäter“ machen. Peter Schön ist so einer. 2023 und 2024 hat der Manager von FC Blau-Weiß Leipzig das Know-how und die Reichweite der lokalen Unterstützerplattform Leipziger Crowd genutzt, um Geld für zwei Ideen zu sammeln: einen Wandkalender und einen Kunstrasenplatz. Vom 500-Euro-Projekt zum 50.000-Euro-Projekt im Zeitraum von 13 Monaten – dazu gehört Mut. „Vor allem aber Zuversicht“, sagt Schön, Vorsitzender und guter Geist des Vereins. „In Zeiten steigender Kosten und knapper Kassen ist es für viele Vereine nicht leicht, ihr Angebot aufrechtzuerhalten und ehrenamtliches Engagement zu unterstützen – insofern ist die Leipziger Crowd eine gute Option, sich selbst zu helfen und Eigeninitiative zu belohnen.“
Schön und sein Team haben im Oktober 2023 den Ball ins Rollen gebracht und 20 Unterstützer für ihren Fußballkalender mit historischen Fotoaufnahmen gewonnen. „Die erste Aktion war quasi ein Testballon. Wir haben seitdem viel Erfahrung gesammelt: Wir haben beobachtet, wie andere Vereine wie die SV Eintracht Wiederitzsch, die FED Leipzig oder der TC Rosenthal Unterstützer gewinnen. Wir haben uns vernetzt, unsere Sozial-Media-Aktivitäten angepasst, unsere Öffentlichkeitsarbeit intensiviert, aktive Vereinsmitglieder eingebunden, neue Content-Formate ausprobiert und überraschende Ideen für unsere Prämien gesammelt. Insgesamt sind wir professioneller in Bezug auf unsere interne und externe Kommunikation, unser Marketing geworden und haben so im vergangenen Jahr 337 Unterstützer gewonnen. Das war ein wichtiger Lernprozess, den das Coaching-Team der Leipziger Crowd unterstützt hat, was sehr hilfreich gewesen ist“, sagt Schön.
In den Wintermonaten nutzen die 20 Mannschaften des FC Blau-Weiß Leipzig den Hartplatz auf der Kurt-Kresse-Kampfbahn. Wenn es regnet, läuft das Spielfeld voll und das Training fällt ins Wasser.
Marleen Minker
„Die Leipziger Crowd ist mehr als nur eine Finanzierungs-Plattform“, sagt Marleen Minker, Crowd-Managerin der Leipziger Gruppe. „Wir stehen im engen Austausch mit den Projektstartern, bieten Online-Seminare an, konzipieren Crowdfunding-Aktionen und monitoren sie natürlich auch. Wir helfen zudem dabei, Projekte erfolgreich zu starten und die lokale Community zu aktivieren. Seit Ende 2017 haben wir einen stetigen Zuwachs an Projekten, und die Erfolgsaussichten der Initiatoren für soziale, kulturelle, sportliche, ökologische und gesellschaftliche Vorhaben in Leipzig und der Region sind hoch, wenn sie gut vorbereitet werden.“
Die wichtigsten Zahlen von 2024 auf einen Blick:
„Für die Leipziger Crowd war 2024 ein äußerst erfolgreiches Jahr. Wenn man das Ukraine-Hilfsprojekt aus 2022 mit einer Fundingsumme in Höhe von 609.969 Euro ausklammert, dann haben wir in 2024 bei weitem die besten Zahlen erzielt bislang. Unter den Projektstartern sind viele sogenannte Wiederkehrer – darunter die Kammerphilharmonie Sachsen e.V., das Netzwerk Alte Musik e.V. und das Ensemble Lachrymae – die unser Angebot bereits mehrfach genutzt haben. Das Vertrauen und die Zuversicht aller Projektstarter und Unterstützer in und für die Leipziger Crowd ist da und für alle Möglichmacher ein schönes Kompliment“, sagt Minker. Der Verband kommunaler Unternehmen bescheinigte der Leipziger Crowd nicht umsonst, sie sei die erfolgreichste in seinem deutschlandweiten Verbund.
Aber wer sind eigentlich die Möglichmacher? Hinter der Crowdfunding-Plattform Leipziger Crowd stehen die Leipziger Gruppe und der technische Umsetzer fairplaid GmbH. Durch die regionale Ausrichtung der Plattform können Projektstarter gezielt Menschen vor Ort ansprechen.
Die Crowdfunding-Projekte werden von der Leipziger Gruppe auf mehrere Arten unterstützt: So greift letztere beispielsweise ihr umfangreiches Netzwerk zu und bewirbt die Projekte über ihre Kommunikationskanäle. Alle Projekte können zudem kostenfrei den L-Prämienshop nutzen. Projekte von gemeinnützigen Institutionen wie eingetragenen Vereinen profitieren darüber hinaus von finanzieller Unterstützung, beispielsweise aus dem monatlichen Leipziger Fördertopf oder von anderen, aktionsbezogenen Geldern.
An der Diezmannstraße sollen nördlich des Hauptplatzes (unten) zwei neue Kunstrasenplätze entstehen.
Stichwort Prämien: Um möglichst viele Menschen von der Idee eines Kunstrasen-Groß- und Kleinfeldes unter Flutlicht zu überzeugen, hat der FC Blau-Weiß über viele besondere Anreize nachgedacht. Etwa eine lebenslange Klubmitgliedschaft, ein Sofa am Spielfeldrand, eine Saal-Miete. Und auch für Nostalgiker gab es das passende Angebot zur Weihnachtszeit: Für zehn Euro ein Glas Asche vom Hartplatz. Ein Andenken an schöne, aber eben auch schlechtere Tage. Denn noch steht der Hartplatz auf der Kurt-Kresse-Kampfbahn bei Regen unter Wasser.
Damit sich das ändert, hält Peter Schön sogar persönlich seine „Knochen“ hin. Unter dem Motto „Quäle den Vorsitzenden“ gab es für die Leipziger Crowd eine besondere Prämie: 1000 Euro Spendengeld gegen 100 Kilometer bei der 7-Seen-Wanderung 2025. „Eigentlich sollte ich das nicht machen“, sagt der 40-Jährige. Bänderrisse und ein Knorpelschaden im rechten Knie hatten seine sportliche Karriere schon zu Jugendzeiten früh beendet. „Aber Blau-Weiß ist mein absoluter Herzensverein. Da mache ich das gerne.“
Mittlerweile spielen rund 650 Mitglieder in 20 Mannschaften beim FC Blau-Weiß Fußball an der Diezmannstraße. Täglich erreichen den Verein neue Anfragen. Aber schon jetzt gibt es einen Aufnahmestopp. „Wir müssen schweren Herzens Kinder und Jugendliche wegschicken, die eigentlich gerne Sport machen wollen. Und selbst für unsere eigenen Mitglieder reichen die Kapazitäten schon lange nicht mehr aus,“ so Tom Krause, U15-Trainer bei Blau-Weiß.
Ende vergangenen Jahres erhielt der FC Blau-Weiß den Zukunftspreis der Stiftungsvereinigung „Fußball stiftet Zukunft“. Auf dem Foto (v.l.n.r.): Hendrik Schulze-Oechtering (Deutschen Postcode Lotterie), Peter Schön (FC Blau-Weiß Leipzig), Patrick Gorzelanczyk (Deutschen Postcode Lotterie) bei der Preisverleihung.
In den Wintermonaten nutzen die Teams den Hartplatz auf der Kurt-Kresse-Kampfbahn. Wenn es regnet, läuft das Spielfeld voll und das Training fällt ins Wasser. „Das ist ein Zustand, den wir unbedingt ändern müssen. Deshalb haben wir fristgerecht bei Stadt und Land Förderanträge gestellt. Zehn Prozent der Investitionssumme müssen wir selbst stemmen. Einen Teil davon wollen wir über die Crowdfunding-Aktion finanzieren,“ so Schön.
Für das Crowd-Projekt holte sich Schön prominente Unterstützung: Kein geringerer als der ehemalige Nationalspieler und derzeitige Präsident des Hamburger SV, Marcell Jansen, gab in einer Videobotschaft auf dem Instagram-Kanal des FC Blau-Weiß den Startschuss zur Crowdfunding-Kampagne: „Wir brauchen eure Unterstützung. Macht alle mit!“ Die Gesamtkosten belaufen sich laut Verein auf 2,5 Millionen Euro. 50.000 hat der Verein bereits angespart, 100.000 sollen über ein Bankdarlehen finanziert, weitere 50.000 durch Eigenleistungen erbracht werden. Für den Rest hofft man auf einen positiven Förderbescheid.
Im Dezember hatten Lok Leipzig, die SG Leipzig-Bienitz und der SV Eintracht Wiederitzsch, der 2024 ebenfalls 50.000 Euro mithilfe der Leipziger Crowd gesammelt hatte, aus den Händen von Sportbürgermeister Heiko Rosenthal und Andreas Schumann vom sächsischen Staatsministerium des Innern Fördermittelbescheide zur Sanierung beziehungsweise zum Neubau ihrer Fußballplätze erhalten. „Die Zahl der Fußballerinnen und Fußballer wächst im gesamten Stadtgebiet“, so Rosenthal. „Insbesondere die Sportstätten mit großen Flächen müssen deshalb modernisiert werden. Ziel ist dabei auch, dass die Auslastung erhöht wird, etwa durch Kunstrasen und Flutlicht. Denn für neue, großdimensionierte Sportflächen ist in der sich verdichtenden Stadt weniger Platz.“ Auf allen drei Sportplätzen ist jeweils für das Frühjahr 2025 der Baubeginn vorgesehen. Bei optimalem Verlauf kann das Bauende Ende 2025 bis Anfang 2026 erreicht werden.
Osterfeuer, Freundschaftsspiel und Stolperstein
Bis es beim FC Blau-Weiß Leipzig so weit ist, trommeln Schön und seine Mitstreiter weiter. Anlässe gibt es 2025 viele: TuB Leipzig, einer der Fusionsvereine, aus dem der FC Blau-Weiß 2017 hervorging, feiert in diesem Jahr 120-jähriges Bestehen. Das soll mit vielen Veranstaltungen gefeiert werden. Unter anderem zum Osterfeuer am 19. April. Neben einem Freundschaftsspiel wird es da auch ein Traktorrasenmäher-Wettrennen geben. Zudem soll anlässlich des 80. Todestages von Kurt Kresse, dem Namensgeber des Sportplatzes, ein Stolperstein verlegt werden.
Kresse (1904–1945) wuchs als ältester von drei Söhnen in einer Arbeiterfamilie in Kleinzschocher auf. Der Buchdrucker und Widerstandskämpfer organisierte Solidaritätsaktionen für politische Gefangene und deren Familien, gab Ratschläge für die Sabotage der Kriegsproduktion und organisierte Hilfsaktionen für ausländische Zwangsarbeiter. Am 24. November 1944 wurde Kresse zusammen mit Georg Schumann und Otto Engert vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 11. Januar 1945 im Hof des Dresdner Landgerichts hingerichtet.