Bildungsurlaub bei der Polizei – LVB-Pressesprecher sammelt neue Erfahrungen
von Marc Backhaus | 05.12.2024
von Catrin Kultscher | 10.10.2024
Es ist der 9. Oktober. In Leipzig begehen wir heute mit dem Lichtfest den 35. Jahrestag der Friedlichen Revolution. Und die Leipziger Gruppe ist als Sponsor mit dabei – die Leipziger Verkehrsbetriebe setzen ihre Straßenbahnen und Busse nach einem Sonderfahrplan ein. Dafür gibt es sogar einen besonderen Liniennetzplan nur für diesen Tag.
Auch ich bin dabei. Und fahre mit der Straßenbahn bis Johannisplatz mit meiner 15-Jährigen im Schlepptau. Für sie sind die Ereignisse ganz weit weg und surreal, vielleicht bekommt sie ja heute eine kleine Idee, wie das damals war. Auf dem Augustusplatz ist es schon dicht gedrängt. Die 89 prangt am Gewandhaus und am Uniriesen. Alle machen mit. Es ist so ein Geist des Gemeinsamen, der auch vor über 30 Jahren hier durch die Straßen geweht haben muss. Vielleicht kann man da für die heutige Zeit was mitnehmen …
Wir holen uns erstmal eine Kerze, die dann vor der Oper mit vielen, vielen anderen einen großen Schriftzug „Leipzig 89“ formen wird. Die gibts kostenlos – wir entscheiden uns aber für eine Kerzenpatenschaft, die dem Verein Wolfsträne zugutekommt, der sich in Leipzig um trauernde Kinder kümmert.
Blick auf die Oper während der Eröffnung vom Lichtfest 2024.
Punkt 19 Uhr beginnt die Eröffnung des Lichtfestes mit Musik von Beethoven gespielt von der Sächsischen Bläserphilharmonie. Oberbürgermeister Burkhardt Jung schickt die Menschen auf den Ring. Am Nachmittag hatten sich viele Besucher schon zum Festakt im Gewandhaus – Bürgerrechtlerin Marianne Birthler hielt die Festrede, Bundeskanzler Olaf Scholz seine Rede zur Demokratie, Plädoyers für Frieden und Freiheit – und zum Friedensgebet in der Nikolaikirche getroffen.
Dann geht es auf dem Ring entlang der Demonstrations-Route von 1989. Mit über 20 Lichtinstallationen erinnern Künstlerteams aus aller Welt beim Lichtest 2024 an die alles verändernden Tage vor 35 Jahren. Am Georgiring, kurz hinter der LVB-Zentrale, machen wir erstmal Lärm. Die Lichtinstallation dort nimmt den Geräuschpegel der Besucher und gibt ihn in Farbe, Licht und Sound wieder. Das hat eine ganz schöne Kraft. Man spürt den Spirit dieser Stadt.
Die Haltestelle Leipzig Hauptbahnhof zum Lichtfest.
Weiter Richtung Bahnhof – dort, wo sonst die Straßenbahnen der LVB im Minutentakt Fahrgäste weiterbringen und Autos aneinandergereiht fahren, laufen tausende Menschen über den Ring. Irgendwie bekommt man ein Gefühl, wie es damals gewesen sein muss. Auch für mich ein wenig aufwühlend. Selbst kurz vorher ausgereist, hab ich als damals knapp 20-Jährige diese Zeit in meiner Heimatstadt nicht live erlebt. Aber klar, aufregend war es auch für mich. Besonders, als dann die ersten Leipziger Freunde bei uns im Westen vor der Tür standen. Ein Hammer-Gefühl.
Die Tanzperformance am Bahnhof beeindruckt unsere Redakteurin.
Am Bahnhof erwarten uns weitere Lichtinstallationen und eine Tanz- und Lichtperformance. Hier nehmen wir uns ein bisschen Zeit und lassen die Tänzerinnen und Tänzer auf uns wirken. Später dann am Goerdelerring: Ich bin vorbereitet und hab mir die App Blaues WundAR des Leipzigers Maix Mayer auf mein Handy geladen. Sie lässt das Blaue Wunder, die alte Fußgängerbrücke von der Blechbüchse zur Pfaffe – dort, wo heute das Beratungszentrum der Leipziger Stadtwerke ist – wieder auferstehen. An der Stelle, wo bei den Demos Straßenbahnen eingeklemmt waren zwischen tausenden friedlich und mutig gegen das System demonstrierenden Menschen. Ich empfehle dazu auch einen Blick in die LVB-Festschrift „150 Jahre Straßenbahn für Leipzig“ – gibts hier. Und ich fühle mich in eine alte Zeit versetzt. Toll, da hat die KI doch mal einen guten Job gemacht.
Weiter links, in der Nähe des Richard-Wagner-Denkmals, müssen wir im richtigen Winkel stehen, um „Freiheit?“ lesen zu können. Naja, alles ist eben immer auch eine Frage des richtigen Blickwinkels … Und klar, auch an der Runden Ecke gibts an diesem Abend Kunst zu erleben. An diesem Ort, an dem die Stasi wirkte, setzen sich HGB-Studierende kritisch mit der Vergangenheit auseinander. Das regt zum Nachdenken an.
Die Lichtinstallation am neuen Rathaus.
Beeindruckend wird es für uns auch am Neuen Rathaus. Dort kann man in der interaktiven Installation „Barriere“ körperlich erleben, wie es ist, Grenzen zu durchbrechen. Ich fühl mich ein bisschen daran erinnert, wie es für mich war, das erste Mal über die Grenze Richtung Westen zu fahren. Befreiend und beklemmend zugleich. Und auch die Propsteikirche ein Stück weiter den Ring entlang ist Teil der Kunst geworden und lässt uns alle die Demos von 89 neu erleben. Das macht Eindruck, auch bei meiner Tochter. Nach weiteren Stationen schließt sich für uns der Kreis am Europahaus am Augustusplatz, die Zentrale der Leipziger Stadtwerke. Dort, wo sonst das Leipziger Logo leuchtet, prangt eine riesige Licht-Projektion. Schließlich stellen wir unser Licht noch zu den anderen. Dieses Jahr in wiederverwendbaren Bechern mit der Aufschrift „`89 Lichtfest Leipzig“ – da gehen sicher viele als Souvenir mit nach Hause. Hoffentlich brennt die Kerze noch eine Weile, inzwischen hat nämlich etwas Regen eingesetzt.
Ein eindrucksvoller Abend war es – schön, dass wir da waren. Und schön, dass wir als Leipziger Gruppe dabei sein durften und das Ganze unterstützen konnten. Übrigens: Danke bei dieser Gelegenheit auch an die Organisatoren des Lichtfestes bei der LTM. Ein wirklich guter Job und eine großartige Veranstaltung für unsere Stadt.