Schub für die E-Mobilität: Ausbau der Ladestationen kommt voran
von Simone Liss | 04.01.2022
von Simone Liss | 25.07.2022
In Leipzig werden immer mehr Elektrofahrzeuge zugelassen. Rund 3.000 vollelektrische Fahrzeuge und rund 10.000 Plug-in-Hybride sind in der Stadt unterwegs. Tendenz steigend. Ein Großteil der Ladeinfrastruktur stemmen die Leipziger Stadtwerke.
Die E-Mobilität gewinnt in Leipzig an Fahrt.
Das kommunale Unternehmen baut nicht nur Normal- und Schnelladesäulen, sondern nun auch „Express“-Ladesäulen. Am Paunsdorf Center wurde gerade ein Schnelllader mit zwei Anschlüssen bis zu einer Leistung von 300 kW installiert – ein Novum für die Leipziger Stadtwerke. Was das für „Stromer“ bedeutet, erklären Benjamin Stollberg, Projektingenieur Anlagenbetrieb Energielösungen und Adam Fiedler, Projektmanager Energielösungen, bei den Leipziger Stadtwerken, im Interview.
Benjamin Stollberg
Frage: Die E-Mobilität gewinnt auch in Leipzig an Fahrt – wie betrachten Sie diese Entwicklung?
Benjamin Stollberg: Sehr positiv. Die Einführung des kostenpflichtigen Ladens wurde von der Mehrheit sehr gut akzeptiert. Beleg hierfür ist der Stromabsatz an den öffentlichen Ladesäulen, welcher im zweiten Halbjahr 2021 nochmals angestiegen ist. Auch neue Ladestationen werden gut angenommen. Ebenfalls ist die Nachfrage nach Ladeinfrastruktur in allen Kundensegmenten der Leipziger Stadtwerke spürbar gestiegen.
Wie viele Ihrer Kunden nutzen den Ladestromtarif L-Drive?
Benjamin Stollberg: Wir freuen uns inzwischen über rund 4000 registrierte Kunden, die unser Produkt L-Strom.drive nutzen. Damit steuern sie per App den Ladevorgang. Es gibt keinen Grundpreis, eine transparente Abrechnung und kWh-scharfe Preise. Heißt: Die Kunden zahlen innerhalb der regulären Standzeit nur das, was sie tanken.
Wie viele Ladepunkte gibt es mittlerweile in Leipzig und wie belastbar ist dieses Lade-Netz?
Benjamin Stollberg: Insgesamt gibt es in Leipzig laut Stadtverwaltung 500 Ladepunkte im Stadtgebiet. 390 Ladepunkte davon werden von den Leipziger Stadtwerken betrieben. In diesem Jahr sind schon 42 neue Ladepunkte angeschlossen worden. Zum Netz: Unser Verteilnetzbetreiber, Netz Leipzig, hat kontinuierlich in den bedarfsgerechten Ausbau des Stromnetzes in Leipzig investiert. Dabei ist auch der steigende Bedarf durch die E-Mobilität berücksichtigt worden – sowohl zentraler als auch dezentraler.
Die neue Ladestation am PC.
Was ist der Unterschied zwischen konventionellen und schnellen Ladepunkten?
Benjamin Stollberg: „Konventionell“ ist vielleicht die falsche Beschreibung. Laut Ladesäulenverordnung gibt es zwei Technologien – Normal- und Schnellladen -, die beide ihre Berechtigung haben und auch in Zukunft parallel genutzt werden. Schnellladepunkte zeichnen sich durch eine höhere Ladeleistung aus, welche den dringenden Bedarf an Energie schneller bereitstellen. Als Faustregel gilt: 80 Prozent Akkukapazität in weniger als 30 Minuten in Abhängigkeit von der Leistung der Ladesäule und der Aufnahmefähigkeit des Autos. Normalladepunkte haben eine geringere Leistung, sind dafür allerdings schonender für den Akku und kommen da zum Einsatz, wo ohnehin längere Standzeiten eingeplant sind.
Wie viele Schnelladesäulen betreiben Sie bereits und wo im Stadtgebiet?
Benjamin Stollberg: Derzeit betreiben wir in Leipzig bereits neun Schnellladesäulen mit einer Ladeleistung von maximal 50 kW. Diese Schnellladesäulen stehen unter anderem am Hauptbahnhof, in der Zwickauer Straße sowie auf den Parkplätzen von Einkaufszentren in der Löbauer Straße und in der Franzosenallee. Diese Schnellladesäulen sind sieben Tage die Woche rund um die Uhr zugänglich.
Adam Fiedler
Adam Fiedler: Der sogenannte „High Power Charger“ (HPC) bietet an den einzelnen Ladepunkten eine Leistung von bis zu 300 Kilowatt an. Elektroautos, die so viel Ladeleistung umsetzen können, sind beispielsweise die Modelle Audi e-tron, Porsche Taycan oder Tesla Model 3. Die Leistung passt sich jedoch den Anforderungen eines jeden Elektroautos an und wird bei Bedarf gedrosselt. Bei voller Leistung können theoretisch 100 Kilometer in unter fünf Minuten geladen werden. Zum Vergleich: An herkömmlichen Ladepunkten mit 11 kW benötigt man für 100 Kilometer rund zwei Stunden – bei einem Verbrauch von 20 kWh pro 100 Kilometer.
Was hat die neue Schnellladesäule für den Standort am PC prädestiniert?
Adam Fiedler: Vor allem die Lage des PC zur Autobahn, Bundesstraße und die unmittelbare Nähe zu stark frequentierten Freizeitangeboten wie der Sachsen-Therme. Dazu kommt der hohe Besucherverkehr am PC selbst – mit entsprechenden Parkplatzkapazitäten. Kurzum: Die Nachfrage ist hier besonders groß. Für alle Interessierten: Die Schnellladesäule am Paunsdorf Center befindet sich in der Paunsdorfer Allee 1 in 04329 Leipzig. Die Geokoordinaten sind: 51.348497, 12.475523.
A. Fiedler, V. Wolff, M. Leutelt, B. Stollberg, A. Pretschner (v.l.n.r.).
Welchen Anteil hat die HTWK Leipzig an der Entwicklung der Ladetechnik?
Benjamin Stollberg: Die Ladesäule für Elektroautos ist Ergebnis einer erfolgreichen Forschungspartnerschaft der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig) mit Siemens und den Leipziger Stadtwerken. Die HTWK Leipzig hat die Entwicklung vorangetrieben und begleitet, Produzenten und Betreiber an einen Tisch gebracht sowie das Prozessmanagement übernommen. Durch erfolgreichen und nachhaltigen Transfer der HTWK Leipzig und Beratung von anwendbarem prozeduralem Wissen wurde ein wesentlicher Beitrag geliefert – der Grund, warum das Bund-Länder-Programm „Innovative Hochschule“ über Saxony⁵ dieses Transferprojekt förderte. Es ist wiederum Ausgangspunkt für weitere Forschungs- und Anwendungstätigkeiten, auch in Bezug auf zukünftige Themen wie beispielsweise Lastmanagement in Zeiten von Engpässen.
Wie viele herkömmliche Ladesäulen und Schnelladesäulen planen die Leipziger Stadtwerke in den kommenden Monaten und an welchen Standorten?
Adam Fiedler: Bis Ende des Jahres möchten wir gern noch weitere 40 bis 60 neue Ladepunkte im öffentlichen Raum errichten. Dabei sind wir aber abhängig von Lieferketten und Genehmigungsprozessen sowie Verfügbarkeiten von Installateuren. Dazu kommen weitere öffentlich zugängliche Stationen, zu denen wir derzeit mit Kunden im Gespräch sind. Die Leipziger Stadtwerke investieren kontinuierlich, schauen aber immer auch auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Für kommendes Jahr sind zwei Schnellladeparks mit jeweils mindestens sechs gleichzeitig nutzbaren Ladepunkten in der Planung – wahrscheinlich im Westen Leipzigs und an der Alten Messe.
Wie lange dauert die Genehmigung und Inbetriebnahme neuer Ladepunkte?
Adam Fiedler: Im öffentlichen Bereich bis zu sechs Monate.
Inwieweit machen Ihnen und Ihrem Team Lieferengpässe zu schaffen?
Benjamin Stollberg: Die Lieferketten-Krise durch die Corona-Pandemie und die aktuelle Rohstoff- und Energiepreiskrise machen sich natürlich auch bei den Leipziger Stadtwerken bemerkbar. Bei einzelnen Bauteilen kommt es aktuell zu erheblichen Engpässen. Die Errichtung von Ladestation im öffentlichen Bereich und in privaten Projekten verzögert sich dadurch teils erheblich. Ein kontinuierlicher Ausbau ist aktuell aber noch gegeben, wenn auch langsamer als erhofft.
Immer mehr private Investoren, Immobilienentwickler und Unternehmen versorgen sich selbst mit Ladepunkten: Wie hoch ist die Nachfrage nach Ihrem Service in punkto E-Mobilität bzw. sind Ladepunkte mittlerweile ein Standortvorteil?
Benjamin Stollberg: Neben dem kontinuierlichen Ausbau an öffentlich nutzbarer Ladeinfrastruktur und unserem Fahrtstromprodukt L-Strom.drive, bieten wir auch verschiedene Services im B2B Bereich an. Bereits seit 2018 unterstützen wir Einzelunternehmen und Flotten-Kunden bei der Beschaffung, Planung, Errichtung und dem Betrieb von Ladeinfrastruktur. Die Bausteine sind dabei modular wählbar. Verstärkt nachgefragt werden auch Produkte in der Immobilienwirtschaft. Hier stellen wir unser Produktportfolio gerade auf die Beine, um den Anforderungen gerecht zu werden. Zur Wohnung, zum Haus, zum Büro, zum Einkauf gleich noch einen Ladepunkt anbieten zu können, ist auf alle Fälle en vogue und zahlt sich aus.