Wasserwerk Naunhof 1 – Trinkwasser für Leipzig
von Sonja Bley | 16.10.2023
von Leipziger Leben | 29.11.2019
Ein Glas unter den Wasserhahn halten, aufdrehen, und schon ist man mit bestem Leipziger Trinkwasser versorgt – die Natur aus der Leitung. Doch woher kommt eigentlich das Wasser? Wir geben Ihnen einen Einblick.
Was so einfach klingt, entpuppt sich hinter den Kulissen als sehr komplexes und sensibles technisches System. Die Leipziger erhalten ihr Trinkwasser aus dem Muldental: Zum einen gewinnen die Wasserwerke das Grundwasser in der Naunhofer Region, zum anderen beziehen sie es aus dem Umfeld der Mulde zwischen Wurzen und Eilenburg. Dort liegen im Bereich der Wasserwerke Canitz und Thallwitz rund 400 unterirdische Brunnen, die das natürlich gefilterte Wasser aus bis zu 30 Metern Tiefe fördern. Das Wasser fließt im kiesigen Untergrund und ist damit bereits vorgereinigt.
Blick auf das Wasserwerk Canitz.
Die Trinkwasserversorgung Leipzigs hat eine lange Geschichte. Anfang des 16. Jahrhunderts wurde in Leipzig ein Rohrleitungssystem aus Holz gebaut, über die die nächsten 200 Jahre das Wasser in die Stadtbrunnen gepumpt werden sollte. Netz und Infrastruktur wurden erweitert, als 1887 während Leipzigs Boomzeit das erste Wasserwerk in Naunhof gebaut wurde. In jener Zeit erwarb die Stadt Leipzig auch ein Schutzgebiet in der Region Wurzen, sodass die Grundlagen für das heutige, gut geschützte Rohwasser an den Wasserwerken Canitz und Thallwitz schon vor über 100 Jahren gelegt wurden. „Auch viele Gebäude und Leitungen stammen noch aus jener Zeit, da sie hervorragend durchdacht und fast für die Ewigkeit gebaut wurden“, weiß Grit Schnitzer, Leiterin des Fachbereichs Wasserwerke.
Grit Schnitzer, Leiterin des Fachbereichs Wasserwerke, erklärt den Weg des Leipziger Trinkwassers.
Die Aufbereitung des Rohwassers läuft heute natürlich auf dem Stand der Technik und ist ökologisch hochsensibel. Dafür schützen die Wasserwerke ihre brunnennahen Gebiete. Gesetzlich vorgeschrieben ist das Einrichten von Trinkwasserschutzgebieten, in denen je nach Nähe zu den Brunnen alle Aktivitäten, die das Grundwasser gefährden könnten, eingeschränkt oder verboten sind – sei es durch Landwirtschaft, Verkehr oder Baumaßnahmen. Anwohner dürfen keine klassische Abwasserkanalisation nutzen und weder Geothermik noch Öltanks für die Beheizung ihrer Gebäude einsetzen. Zudem betreiben die Wasserwerke mit ihrem Tochterunternehmen Wassergut Canitz GmbH in diesem Gebiet ökologischen Landbau – ohne Schädlingsbekämpfung oder den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Das verringert den Eintrag von Nitrat in den Boden, wodurch die Wasserwerke wiederum auf den Bau und Betrieb zusätzlicher Aufbereitungsanlagen in den Wasserwerken verzichten können. „Der Schutz der Ressource Wasser hat für uns eine sehr hohe Priorität“, bestätigt Schnitzer. „Denn nur so können wir auch eine naturnahe Aufbereitung gewährleisten.“
Blick auf den 53 Meter hohen Wasserturm am Speicher Probstheida.
Gelangt das Rohwasser dann ins Wasserwerk, wird es dort auf seine Bestandteile hin kontrolliert. Da es zu wenig Sauerstoff besitzt, wird es belüftet. Das im Wasser oxidierte Eisen wird wiederum in einem Filter zurückgehalten. Etwaiges Mangan hält ein Kiesbett zurück. „Das Wasser der Mulde stammt aus dem Erzgebirge und bringt sehr viele Mineralstoffe mit. Mineralien wie Kalzium oder Magnesium sind übrigens der Grund, weshalb man manchmal Salzrückstände an Küchengeräten hat – das Trinkwasser selbst machen sie aber schmackhafter“, sagt Schnitzer. Jedes Wasserwerk wird zwei Mal pro Woche beprobt, parallel werden Online-Messungen durchgeführt und dabei auch ph-Werte, Chlorgehalt und die Trübung des Wassers rund um die Uhr überwacht. Zudem kontrollieren Experten im Trinkwasserlabor der Leipziger Wasserwerke jährlich etwa 7.100 Trinkwasserproben, sodass hier nichts dem Zufall überlassen wird, damit das frische Nass den strengen Vorgaben der Trinkwasserverordnung entspricht.
Ist das Wasser in den vier Großwasserwerken aufbereitet, fließt es unterirdisch in doppelten Rohrleitungen mit einem Meter Durchmesser bis zu den sechs Hauptbehältern auf der Wasserversorgungsanlage Probstheida und verteilt sich von dort in einem Netz von sagenhaften 3.500 Kilometern Länge in einen Großteil der Leipziger Haushalte. Die Leitungen müssen natürlich kontrolliert, gepflegt und saniert werden. Und wenn die Menschen der Stadt doch einmal einen besonders starken Bedarf an Wasser haben? „Dann registrieren das unsere Überwachungssysteme und wir fördern automatisch nach“, erklärt der Fachbereichsleiter Netze, Frank Lehmann. So genial und zugleich aufwendig ist also die Versorgung mit Trinkwasser in Leipzig. Lauter Dinge, die ein Leipziger nicht ahnt, wenn er seinen Wasserhahn aufdreht. „Muss er auch nicht“, sagt Lehmann lächelnd. „Hauptsache, das Wasser schmeckt.“
Dieser Text erschien im Leipziger Leben 04/2016.