Liegende Riesen auf nächtlicher Tour
von Peter Krutsch | 10.01.2024
von Peter Krutsch | 07.07.2023
Will Heinz Mampe hoch hinaus, dann steigt er tief ein. Der 69-jährige Erlauer setzt sich in sein witziges Elektro-Mobil, das aussieht wie ein verkleidetes Liegefahrrad, und fährt damit auf die Hügel seiner Heimat.
Fährt mit Sonnen-Energie zur Wind-Energie-Baustelle in Königshain-Wiederau: Heinz Mampe.
Von dort oben gleitet sein Blick über eine geschwungene Landschaft aus Getreide-Flächen mit waldigen Inseln. Ein stetiger Wind treibt weiße Wolken über den blauen mittelsächsischen Himmel. Er hält auch die Windräder in Schwung, die sich schon seit Ende der 90er-Jahre in Nähe der B 107 bei Diethensdorf drehen. Mampe ist nicht ohne Grund hier oben. Als bekennender Fan der E-Mobilität verfolgt er gespannt den Fortgang der Baustelle an der Ecke B 107/Lugweg in Königshain-Wiederau. Hier bauen die Leipziger Stadtwerke ihr erstes selbst projektiertes Windrad – in Kooperation mit dem sächsischen Windparkspezialisten eab New Energy.
Dort, wo Mampe sein Gefährt parkt, um sich den wachsenden Turm anzuschauen, steht Philipp Wille, Projektleiter der Leipziger Stadtwerke, und sagt: „Unser Unternehmen ist schon an verschiedenen Windkraft-Anlagen beteiligt. Aber eine von der Planung bis zum Betrieb zu realisieren, so wie hier in Königshain-Wiederau, das ist ein Debüt. Auch für mich.“ Der Experte für Erneuerbare Energien beschäftigt sich seit zehn Jahren mit Windkraft. Er weiß, dass es in Deutschland in der Vergangenheit vor allem hinsichtlich der Genehmigungen immer zu lange dauerte. „Über den neuen Schwung, den es nun bundesweit gibt, freue ich mich.“ Denn: Ist der Planungs- und Freigabeprozess einmal durch, geht das Bauen danach schnell. Letzteres bleibt trotzdem im wahrsten Sinne des Wortes: hoch spannend.
Im Februar wurde auf dem Gelände der Gemeinde Königshain-Wiederau die Baugrube angelegt. Anfang Juli ist der Hybrid-Turm schon auf 60 Meter gewachsen. Ein 100-Meter-Kran setzt dafür 2,80 Meter hohe Fertigteilbetonringe aufeinander. 30 Stück sind es am Ende. Auf die Beton-Hälfte (90 Meter) folgt dann eine stählerne. Dafür wird ein zweiter, noch größerer Kran auf der Baustelle errichtet – mit einem 170 Meter langen Ausleger. Und dann müssen noch die 80 Meter langen und 20 Tonnen schweren Rotorblätter angeliefert werden.
Projektleiter Philipp Wille erklärt im Gespräch die neue Windkraft-Anlage in Königshain-Wiederau.
„Diese Zulieferung ist ebenfalls hoch spannend“, sagt Wille. Ein Halteverbot von 22 bis 6 Uhr wurde an Ortsdurchfahrten von Claußnitz bis Altmittweida ausgeschildert, damit die Schwerlasttransporte hindurchkommen. Sie sollen vor allem nachts fahren, um den Tagesverkehr nicht zu beeinträchtigen. Zur Vorbereitung des Schwerlasttransports werden Strom-Freileitungen in der Gemeinde Altmittweida verlegt. Eine Transportfirma prüft die Strecke auf Hindernisse, ein Baumschutzsachverständiger ebenso. Die letzten Kilometer zur Baustelle in Königshain-Wiederau werden mit einem sogenannten Selbstfahrer, gesteuert per Fernbedienung, erledigt. Auf ihm lassen sich die Rotorblätter für enge Kurvenfahrten anheben und sogar senkrecht aufstellen. Falls es in Ortsdurchfahrten mal eng wird.
Wenn die Anlage fertig ist, wird sie die höchste in Mittelsachsen sein. Mit den Rotorblättern kommt das Windrad auf insgesamt auf 246,6 Meter. Phillip Wille schaut auf den wachsenden Turm – und in Richtung Zukunft: „Im Dezember wollen wir mit dem Probebetrieb beginnen. Nächstes Jahr wird die Anlage erneuerbare Energie erzeugen.“ Über eine 13 Kilometer lange Leitung wird sie ins Umspannwerk Mittweida geliefert. Mehr als zwölf Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Das reicht für 4000 bis 5000 Haushalte.
Er sei ein Fan der Erneuerbaren, sagt Heinz Mampe im Gespräch mit Phillip Wille. „Derzeit tanke ich aktuell zuhause mit Solar-Strom.“ Auf seinen fahrbaren Untersatz hat er in großen Buchstaben stolz seinen Familiennamen geschrieben. „Mampe – den Namen kennse nich? Mampe-Schnaps aus Berlin ist doch een Begriff! Von dort kam nämlich mein Großvater, der die Firma gegründet hat.“ 2002 habe Heinz Mampe sein E-Mobil aus Bayern gekauft, erzählt er. Damit sei er 15 Jahre lang jeden Tag zur Arbeit nach Rochlitz gefahren. „Und jetzt fahre ich damit in meiner Freizeit herum. Auch um zu sehen, wie sich das neue Windrad in Königshain-Wiederau entwickelt.“