Ukraine-Hilfe: Leipziger spenden großzügig Geld und Hilfsgüter
von Simone Liss | 08.03.2022
von Simone Liss | 17.01.2022
Ob Klassik-CD, Konzert oder Kunstrasenplatz – die Leipziger Crowd macht’s möglich. Eine besondere Art des Sponsorings, wie das Beispiel der Jungen Kammerphilharmonie Sachsen zeigt.
„Die Nacht ist vergangen, der Tag aber herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.“ Dieser großangelegte Chorsatz – 1840 in der Thomaskirche uraufgeführt – spiegelt die zentrale Aussage von Mendelssohns „Lobgesang“ wider: den Triumph des Lichts über die Dunkelheit. 182 Jahre später: Der Siegeszug der Zuversicht über die Angst – in diesen dunklen Pandemietagen ein Wunsch, den der Musiker Benedikt Kantert am 28. Mai beim Deutschen Chorfest in Leipzig zum Klingen bringen will. Gemeinsam mit der Jungen Kammerphilharmonie Sachsen – ein Ensemble von bis zu 80 Studierenden aus Leipzig und Dresden.
Benedikt Kantert, Dirigent der Jungen Kammerphilharmonie Sachsen. Foto: Ingmar Hirt
Dass die Musiker des Kammerorchesters und Chors Pläne schmieden, Proben und Pendeln können, haben sie zahlreichen Freunden, Förderern und Finanziers zu verdanken. Denn die Junge Kammerphilharmonie Sachsen wollte gerade in dem Jahr durchstarten, in dem die Corona-Pandemie ihren Anfang nahm: 2019. Brahms‘ „Requiem“, das „Weihnachtsoratorium“, „Die verkaufte Braut“ – alle Projekte standen seitdem auf Messers Schneide. Doch Kantert, der Dirigent, und seine Mitstreiter ließen sich nicht beirren und knüpften ein Netzwerk, das bis heute hält. „Wir werden von den Studierendenwerken und –räten Leipzigs und Dresdens sowie von der Stadt Leipzig finanziell unterstützt. Man muss wissen: Der Vorstand des Vereins arbeitet ehrenamtlich, und die Musiker bekommen keine Gage, trotzdem entstehen für Konzerte, an denen so viele Musiker mitwirken, Kosten – zum Beispiel für Saalmieten, Notenmaterial, GEMA-Gebühren, den Transport von Großinstrumenten wie Pauken und Kontrabässen, Fahrten und Marketingmaßnahmen. So kommen schon mal 8.000 bis 15.000 Euro für ein Konzert zusammen. Wie gesagt: ohne Gage. Nur die Solisten, Stimmführer und Konzertmeister bekommen eine kleine Aufwandsentschädigung“, sagt Kantert. Ihm ist jeder Euro willkommen. Deshalb scheut er sich nicht, auch an Crowd-Aktionen teilzunehmen.
Crowdfunding ist eine alternative Finanzierungsform, die vor allem gern von Startups, aber auch anderen Unternehmen, Künstlern und Privatpersonen genutzt wird. Im Mittelpunkt der Finanzierung beziehungsweise des „fundings“ steht die sogenannte Crowd – also eine möglichst große Gruppe von Menschen, die ein Projekt finanziell unterstützt. Darum wird das Crowdfunding im Deutschen hin und wieder auch Schwarmfinanzierung genannt. Crowdfunding funktioniert nach dem „Alles oder nichts“-Prinzip. Das bedeutet: Man erhält die Spenden der Crowd nur, wenn das zuvor festgelegte Fundingziel erreicht wurde.
Im vergangenen Jahr haben Kantert und sein Team 5.500 Euro durch die Leipziger Crowd eingesammelt – eine Crowdfunding-Plattform der Leipziger Gruppe. „Die kommunale Unternehmensfamilie sorgt nicht nur für Energie, Mobilität und Wasser, sondern auch für Möglichkeiten. Mit Hilfe des Crowdfundings möchten wir für Leipzig und die Region noch mehr erreichen. Denn obwohl die Leipziger Gruppe jedes Jahr mehr als 200 Partner in den Bereichen Bildung, Sport, Kultur und Soziales unterstützt, können nicht alle guten und wichtigen Initiativen gesponsert werden. Mit der Leipziger Crowd bieten wir eine öffentliche Plattform für gemeinnützige Ideen und Projekte, von denen die gesamte Bürgergesellschaft profitiert und deshalb jeden Euro wert sind“, sagt Peter Krutsch, Pressesprecher der Leipziger Gruppe. So konnten bisher 52 Projekte mit insgesamt 454.119 Euro (Stand: 17.01.) gefördert werden. 5410 Unterstützer (Stand: 17.01.) haben dies möglich gemacht.
Die Junge Kammerphilharmonie Sachsen bei einem Konzert in der Dresdner Kreuzkirche. Foto: Daniel Meißner
Ohne die 5.500 Euro hätte die Junge Kammerphilharmonie Sachsen alt ausgesehen. „Das Geld hat uns im wahrsten Sinne des Wortes den Hintern gerettet. So konnten wir wenigstens die Ausfallkosten für die geplanten Konzerte kompensieren und in neue Projekte starten. Wir haben aufgrund des Lockdowns und Runterfahrens von Kultur keine Rücklagen. Wir hätten ohne die Mittel aus dem Crowdfunding nicht nach vorn blicken können“, sagt Kantert. Was ihn besonders beeindruckt: „Dass es viele Menschen gibt, die auf diese Art der Finanzierung ihre Verbundenheit und Loyalität zeigen. Viele Freunde und Förderer identifizieren sich mit unserem Tun und finden über die Crowd zusammen. Sie ist für uns auch ein Mittel der Netzwerkarbeit. Weil sie Menschen zusammenbringt, die gemeinsame Interessen und Ziele verbindet.“
In Kanterts Lobgesang stimmen viele Leipziger ein. Unter anderem der Musiker Georg Zeike. Er konnte sich durch zahlreiche Unterstützer die Aufnahmekosten einer Klassik-CD finanzieren. Begeistert war er nicht nur von der Wertschätzung seiner Arbeit, sondern auch von der zusätzlichen finanziellen Unterstützung durch die Leipziger Gruppe. Doch die gibt es nicht ohne Weiteres: „Uns ist ein festes Finanzierungsziel und eine klare Mission von Beginn an wichtig. Für jeden gewonnenen Unterstützer, der mindestens zehn Euro gibt, gibt es von uns zehn Euro obendrauf.“ Ein Anreiz für viele Kulturschaffende, aber auch Sportler. Eines der ersten Projekte, die durch die Leipziger Crowd finanziert werden konnte, war der Kunstrasenplatz von Lok Leipzig. Mehr als 100.000 Euro sind dafür zusammengekommen. Auch kleinere Vereine wie die Roundnet-Abteilung der SV Lindenau 1848 e.V. hat ihre Ziele erreicht und von der Crowd-Aktion profitiert: 1.400 Euro sind in die Vereinskasse geflossen. Für Roundnet-Fan Nicolas Basler eine tolle Erfahrung: „Engagement zahlt sich aus!“
Bis 31. Januar 500 Euro on top: Die ersten 15 gemeinnützigen Projekte, die jetzt gestartet werden, erhalten bei erfolgreichem Abschluss zusätzlich zur üblichen Förderung einen Starterbonus von 500 Euro.