Komplexe Sache: Wie das Leipziger Wasser zu seinem Preis kommt
von Sonja Bley | 17.09.2021
von Redaktion | 01.11.2021
Einfach den Hahn aufdrehen und sauberes Trinkwasser genießen? Für uns eine Selbstverständlichkeit. Doch das war nicht immer so.
Dass wir in Leipzig heute genügend Wasser für unsere alltäglichen Belange zur Verfügung haben, verdanken wir der seit dem 19. Jahrhundert gewachsenen Trinkwasserversorgung. Doch auch die Zukunft bürgt Herausforderungen für eine effiziente Trinkwasserversorgung in bester Qualität. Von daher werden nun die Anlagen der beiden ältesten Grundwasserwerke der Leipziger Wasserwerke für ihre stetig wachsenden Aufgaben erneuert. In diesem Artikel reisen wir in die Vergangenheit des Leipziger Trinkwassers und zeigen, wie die Leipziger Wasserwerke unsere Stadt und die Region auch in den kommenden Jahrzehnten sicher mit sauberem Trinkwasser versorgen werden.
Leipzigs Flüsse haben schon früh die Entwicklung der Stadt mitgeprägt. Sie wurden zum Holztransport, zum Antreiben von Mühlen oder zum Baden genutzt. Auch das Leipziger Trinkwasser wurde überwiegend aus dem Fluss gewonnen: Noch bis 1866 sicherten überwiegend mittelalterliche „Wasserkünste“ die Versorgung der Stadt aus der Mühlpleiße. Doch mit der Industrialisierung stieg auch die Einwohnerzahl Leipzigs sprunghaft an. Um dieser Herausforderung auch wasserwirtschaftlich gerecht zu werden, wurden die Wasserkünste von einem neuen Wasserwerk in Connewitz abgelöst.
Diese Druckwasserversorgungsanlage gewann Wasser aus einer Sickerwassergalerie auf den Bauernwiesen in der Pleißenaue und förderte dieses zur Erdbehälteranlage in Probstheida. Doch auch das reichte irgendwann nicht mehr aus, um die Stadt mit genügend Trinkwasser zu versorgen. Somit wurde der Hydrologe und Wasserbau-Ingenieur Adolf Thiem vom Rat der Stadt beauftragt, eine Lösung zu finden.
„Eine Wasserkunst ist ein System zur Förderung, Hebung und Führung von Wasser, meist hergestellt oder überwacht von einem Kunstmeister.“
Der Schutz der Trinkwasserressourcen in den Einzugsgebieten der Wasserwerke in Canitz, Thallwitz und Naunhof ist das wichtigste Ziel.
Naunhof erwies sich aufgrund der Größe des Grundwasservorkommens als perfekter Standort für die Entstehung der zwei ersten Grundwasserwerke Leipzigs. Das Leipziger Wasserwerk Naunhof 1 wurde 1887 gebaut. Bereits neun Jahre später folgte das baugleiche Werk Naunhof 2. Die beiden Leipziger Wasserwerke waren für die damalige Zeit die größten und modernsten Grundwasser fördernden Werke in ganz Europa – und mitverantwortlich für die gute Lebensqualität in Leipzig und der Region. Gemeinsam mit dem 1912 in Canitz und dem 1943 in Betrieb genommenen Werk in Thallwitz, sind sie bis heute verantwortlich für das saubere Trinkwasser in Leipzig.
Leipziger Leitungswasser kann bedenkenlos getrunken werden.
Das Naunhofer Wasser hatte anfänglich trotz seiner an sich guten Qualität einen Mangel: Das örtliche Vorkommen an gelöstem Eisenoxydul verlieh dem Wasser einen tintenartigen Geschmack. Zudem enthielt es recht viel Kohlensäure, was eine langsame Zerstörung der Zementputzflächen und der Leitungen zur Folge gehabt hätte – und dem Naunhofer Wasser die scherzhafte Bezeichnung „Naunhofer Sprudel“ eintrug. Die Lösung: Die Erbauung eines Kanals, der auf dem Transportweg von Naunhof nach Leipzig eine offene Wasserfläche zuließ. Nach längerer Berührung mit der Luft wurde Sauerstoff eingetragen und die Kohlensäure konnte entweichen. Aus Eisenoxydul wurde somit Eisen (III)-oxid – jener Stoff, der dem Rost seine rote Farbe verleiht. Da es ausflockte, konnte man es in der Probstheidaer Enteisenungsanlage problemlos herausfiltern. „Das Wasser der Mulde stammt aus dem Erzgebirge und nimmt auf seinem Weg durch den Untergrund verschiedene Mineralstoffe auf. Mineralien wie Kalzium oder Magnesium sind übrigens der Grund, weshalb man manchmal Kalkrückstände an Küchengeräten hat – das Trinkwasser selbst machen sie aber schmackhafter“, sagt Grit Schnitzer, Leiterin des Fachbereichs Wasserwerke.
Das Fördervolumen der Leipziger Wasserwerke Naunhof 1 und 2 deckt einen erheblichen Teil des Trinkwasserbedarfs für die Städte Naunhof, Leipzig sowie dem Leipziger Umland. Noch heute – 134 Jahre nach der Inbetriebnahme – gelangt das Wasser der beiden Naunhofer Werke durch Fernleitungssysteme zu den einzelnen Haushalten. Zusammen sind die Werke mittlerweile knapp 260 Jahre alt. Klar, dass die Zeit hier ihre Spuren hinterlässt. Um auch für die Zukunft gerüstet zu sein, müssten sie aufwendig saniert werden.
Ab 2023 in Naunhof – Leipziger Trinkwasserversorgung neu gedacht.
Wie bereits zur Industrialisierung muss die Wasserversorgung nun erneut überdacht werden. Die beiden Naunhofer Werke liefern zusammen rund 1/3 der gesamten eigengeförderten Wassermenge Leipzigs. Doch heutzutage bedarf es hierfür dank modernster Technik nur noch eines einzigen Wasserwerks. Im Vergleich zu einer Sanierung ist ein Neubau, der beide Wasserwerke ersetzt, weitaus wirtschaftlicher. Gleichzeitig kann somit auch eine moderne Trinkwasser-Infrastruktur auf den Weg gebracht werden. Das ist ein wichtiger Teil des Leipziger Zukunftskonzepts Trinkwasserversorgung 2030.
Das geplante Gesamtbauwerk besteht aus einer Aufbereitungshalle, in der das Rohwasser belüftet, gefiltert und von Eisen und Mangan befreit wird. Auch der erforderliche pH-Wert wird hier eingestellt. Direkt daran angeschlossen entsteht ein Betriebsgebäude mit Büroräumen, Aufenthalts- und Sozialbereichen sowie zusätzlichen Technikräumen und Garagen. Die eigentlichen Gewinnungsstandorte der beiden Naunhofer „Altwerke“ – die Brunnengalerien – bleiben erhalten. Jedoch werden die technischen Aufbereitungsanlagen nun an einem zentralen Wasserwerksstandort zusammengeführt und ersetzen nach Inbetriebnahme die „historischen Altwerke“.
Wasserwerke befinden sich grundsätzlich in Wasserschutzgebieten und genießen daher einen besonderen Schutz – das ist auch in Naunhof so. „Wir haben es hier mit dem wichtigsten Lebensmittel zu tun, da ist ein sorgsamer Umgang oberstes Gebot“, so Grit Schnitzer. Für die Filterwirkung der Grundwasser überdeckenden Bodenschichten sind aber auch die Waldflächen um die Gewinnungsanlagen ausschlaggebend. Um auch in Zukunft eine gleichbleibend hohe Trinkwasserqualität zu garantieren, setzen die Leipziger Wasserwerke in Naunhof daher zudem auf eine wasserschützende Waldbewirtschaftung. „Der Schutz der Ressource Wasser hat für uns eine sehr hohe Priorität“, unterstreicht Grit Schnitzer. Der Baubeginn ist derzeit für Anfang 2023 vorgesehen, die Bauzeit wird etwa drei Jahre betragen.
Auch wenn wir nicht mehr im Zeitalter der Industrialisierung leben: Dieses Jahrhundert steht ganz im Zeichen des Wassers. Der Bedarf in Ballungsgebieten steigt, und durch die Klimaerwärmung haben wir vermehrt mit Trockenheit zu kämpfen. Dass Wasser ein begrenztes Gut ist, sehen wir in anderen Ländern und Regionen auf der ganzen Welt. Leipzigs Geschichte zeigt, dass man sich immer wieder auf neue Situationen einstellen kann, um die Versorgung mit Trinkwasser zu sichern. Mit technischen Innovationen und Lösungen – wie der Umgestaltung der Leipziger Wasserversorgung – werden wir auch in Zukunft eine Antwort auf die drängende Wasserfrage im 21. Jahrhundert haben.
Erfahren Sie mehr über das Leipziger Trinkwasser in unserem L-Blog. Und wie Ökolandbau und Trinkwasser in leipziug zusammen gehören, stellen wir Ihnen in diesem Blog-Beitrag vor.
Mehr zu den Leipziger Wasserwerken gibt es unter www.L.de/wasserwerke.