Feuchtes Toilettenpapier im Klo - der weiße Problemstoff
von Katja Gläß | 19.11.2024
von Chris Martin | 12.07.2024
Im Bereich der Wasserver- und Entsorgung gibt es einige faszinierende Apparaturen – wie zum Beispiel den sogenannten Selbstläufer. Diese beeindruckende, fast 3 Meter breite Metallwand bewegt sich allein durch die Kraft des Abwassers im Kanal eigenständig vorwärts. Während sie rollt, reinigt sie den Kanalboden und die Wände und sorgt so für Sauberkeit und Effizienz.
Historisches Vorbild für den heutigen Selbstläufer
Die Technik wird schon seit über 100 Jahren verwendet und ist ebenso simpel wie genial. In den 1970er Jahren wurde das damalige Leipziger Fabrikat eingeschmolzen; seit Anfang der 2000er Jahre sind bei den Leipziger Wasserwerken wieder zwei Exemplare im Einsatz. Man entdeckte den gewaltigen Nutzen neu und baute, mit einigen Verbesserungen, die alte Technik nach. Andernorts nutzt man ähnliche Geräte, die mit einer Stauspülung arbeiten. Sie sind als Räumungswagen oder Kanalreinigungsschilde bekannt. Der Anspruch ist überall der Gleiche: Es soll die Kanalwandreinigung erleichtert werden.
Die Funktionsweise im Schaubild
Der Selbstläufer wird, mit Hilfe eines LKWs und eines Krans, zum Bestimmungsort gebracht und im Kanalnetz eingesetzt. Von dort bewegt er sich mit dem Abwasser stromabwärts Richtung Klärwerk.
Dabei schiebt er Schmutz vom Kanalboden vor sich her, während sich das Wasser hinter der Metallwand anstaut. Nur an den Seiten kann das Wasser vorbeifließen, wodurch Verwirbelungen entstehen, die den angehafteten Schmutz von der Kanalwand lösen und den Selbstläufer vorantreiben.
Am Ziel angelangt, wird er wieder mittels Krans aus dem Kanal gehoben. Je nach Einlassstelle und Fließgeschwindigkeit kann es Tage dauern, bis das Gefährt das Klärwerk im Rosental erreicht. Da unser Helfer weder über Strom noch GPS verfügt, erfolgt die Ortung mittels Inspektion des Kanals. Neben dem Einlass und der Herausnahme aus der Kanalisation ist dies einer der wenigen Schritte, bei denen menschliche Arbeitskraft benötigt wird. Dabei kann der Selbstläufer ganzjährig eingesetzt werden, denn aufgrund der Abwärme des Abwassers kann das Kanalnetz nicht gefrieren. Lediglich bei Starkregenereignissen muss aus Sicherheitsgründen auf einen Einsatz verzichtet werden.
Der große Selbstläufer auf der Ladefläche eines LKWs
Wie der Name bereits andeutet, ist das Gerät ein wahrer Selbstläufer. Einmal in den Kanal gebracht, arbeitet er autonom und zuverlässig. Ganz ohne Strom oder menschliche Kraft werden die Kanalwände gründlich gesäubert. Aufgrund seiner Größe kann der Wagen nur in Kanälen mit passendem Durchmesser eingesetzt werden. Deshalb setzen die Leipziger Wasserwerke neben dem 2,40 Meter breiten und 1,20 Meter hohen Selbstläufer auch noch ein kleineres Exemplar ein. Insgesamt ist der Selbstläufer eine äußerst effektive und nützliche Apparatur, die wartungsarm im Kanal ihre Arbeit verrichtet.