Vielfältige Berufsfelder im #TeamLeipziger entdecken – bei der 3. Nacht der Ausbildung
von Annett Nicklaus | 17.05.2024
von Simone Liss | 29.07.2024
Alles auf Anfang: Mehr als 100 junge Leute starten in dieser Woche ihre Ausbildung bei der Leipziger Gruppe. Für Ausbildungsleiter wie Janko Möbius ein Grund zur Freude. Was einen guten Betreuer ausmacht, und warum Noten nicht das Nonplusultra sind: Lesen Sie selbst!
Janko Möbius, Teamleiter Erstausbildung bei der Netz Leipzig GmbH
Weder Meister fallen vom Himmel noch Ausbilder. Das weiß keiner besser als Janko Möbius. „Wie die Jungfrau zum Kind – so bin ich zu meinem Beruf gekommen“, sagt der Teamleiter Erstausbildung bei der Netz Leipzig GmbH, einer Tochter der Leipziger Stadtwerke. Als Teenager schwebte dem gebürtigen Thüringer etwas zwischen Polizist („gefährlich“), Garten- und Landschaftsbau („entspannend“) und Zweiradmechaniker („spannend“) vor. Seine Welt waren die Beete im Falkenhainer Garten seiner Eltern, der Zweitaktmotor seiner alten Schwalbe und die Physik-Bausätze seines Vaters, der zu DDR-Zeiten Ausbilder gewesen war und die Fächer Produktive Arbeit und Einführung in die Sozialistische Produktion – kurz ESP – unterrichtet hatte.
Doch Möbius folgte nicht dem Ruf der Wildnis oder seines Herzens, sondern dem Rat seiner Eltern: Er sollte nach dem Abitur einen ordentlichen, soliden Beruf erlernen, mit dem man Geld verdienen kann. Gesagt, getan. „Ich wurde Energieelektroniker für Betriebstechnik. Doch kaum hatte ich 2001 ausgelernt, passierte etwas Unerwartetes: Ich bekam das Angebot, selbst eine Azubi-Gruppe zu übernehmen und das Fachgebiet Speicherprogrammierbare Steuerung aufzubauen, ein Ausbildungskabinett einzurichten und meine Ausbildungsberechtigung zu erwerben. Ich war damals 23 Jahre alt und hatte einen Höllenrespekt: Wie würden meine Freunde und Mitstreiter, mit denen ich bis dahin die Berufsschulbank an der Querbreite gedrückt hatte, den abrupten Rollenwechsel – vom ,Bückling‘ zur ,Autoritätsperson‘ – aufnehmen? Das hat mich damals sehr beschäftigt. Auch, ob ich dieser neuen Rolle gewachsen bin.“
Janko Möbius im Kabinett für Speicherprogrammierbare Steuerung.
Bückling – so ein antiquiertes Wort. „Heute undenkbar und unaussprechlich“, sagt Möbius. „Und das ist auch gut so. Als ich noch Azubi war, durfte man erst sprechen, wenn man gefragt wurde. Auch solche Sätze kenne ich noch: ,Lehrjahre sind keine Herrenjahre‘. Ich selbst habe diesen Satz nie ausgesprochen, weil er absolut nicht angemessen ist. Jeder Neustarter hat das Recht, zu lernen, zu wachsen, sich zu entwickeln – und natürlich nicht von oben behandelt zu werden. Es ist leicht, aus einer privilegierten Position heraus jemanden zu diskreditieren. Aber es zeugt nicht von persönlicher Größe“, sagt Möbius. Zum Glück seien die Auszubildenden von heute diesbezüglich aufgeklärter und selbstbewusster. „Der zwischenmenschlichen Beziehung wird heutzutage viel mehr Wert geschenkt als zu meinen Azubi-Zeiten“, sagt Janko Möbius. Doch heute gebe es andere Herausforderungen. „Oftmals mangelt es Auszubildenen im ersten Lehrjahr an Sozialkompetenz, Reife und innerer Stabilität. Höflichkeit ist für manche ein Fremdwort. Einigen mangelt es zudem an Frustrationstoleranz. Bei Rückschlägen nicht aufzugeben, andere um Hilfe bitten, zugeben, wenn man etwas nicht verstanden hat – auch das muss man lernen. Und darauf zu vertrauen, dass es gut ist, Schwächen zuzugeben“, sagt der Vater eines elfjährigen Sohnes.
Was macht Möbius‘ Ansicht nach einen guten Ausbilder aus? „Ein guter Ausbilder fordert und fördert. Er ist offen, ehrlich und kommuniziert klar und deutlich, wie Aufgaben zu bearbeiten sind. Er ist bei Problemen ansprechbar und kritisiert konstruktiv. Er lebt Leistungsbereitschaft und Willen zum Erfolg aktiv vor.“ Welche Tipps er allen Ausbildern gibt? „Man sollte ein Vorbild sein, ohne sich selbst zu verstellen. Zudem motiviert Auszubildende nichts mehr, als schnell Verantwortung übertragen zu bekommen. Außerdem ist es wichtig, Konflikte offen auszutragen und das angemessen anzusprechen, was einen stört. Auch fair zu bleiben, wenn es schwerfällt, ist enorm wichtig.“ Ausbilder zu sein, sei für Möbius kein Beruf, sondern Berufung. „Für die Erfüllung dieser Berufung kommt es auch wesentlich auf das richtige Team an. Das habe ich, kann ich mit Stolz sagen.“
Zuzugeben, dass man auch fehlbar ist und nicht alles weiß und ahnt – auch dies stärkt die Vertrauensbasis zwischen Ausbilder und Auszubildendem. „Wir mussten erst vor kurzem die Erfahrung machen, dass auch wir den Entwicklungen der neuen Zeit auf den Leim gehen. Eine Schülerin hatte ihre Bewerbung mithilfe generativer Künstlicher Intelligenz erzeugt. Wir waren beeindruckt ob der Fachbegriffe und der Wortgewandtheit in dem Anschreiben. Als die Schülerin dann im Bewerbungsgespräch vor uns saß, brach das Kartenhaus in sich zusammen, und uns wurde unsere Arglosigkeit und vorauseilende Erwartung bewusst. Das passiert uns so sicher nicht noch mal.“
Auch Roboter kommen bei der Ausbildung zum Einsatz.
Fälle wie diese bestätigen Möbius Erfahrung: „Nicht Noten, nicht Performance, nicht Wortgewandtheit zählen vorrangig, sondern Motivation, handwerkliches Geschick sowie der Wille und die Kraft, Durststrecken zu überwinden.“ Manchmal helfe es auch, sich überraschen zu lassen: „Meine eigene Entwicklung hat gezeigt: Man weiß nie, was einen erwartet. Ich bin nach der Ausbildung nicht nur sofort Ausbilder geworden, sondern habe noch ein Fernstudium an der FHTW Berlin absolviert und die Chance bekommen, den Aufbau eines Bildungszentrums im Kosovo zu unterstützen. Das hätte ich mir alles zu Beginn meiner Ausbildung nie erträumt“, sagt Möbius. Sein Tipp an alle jungen Leute, die jetzt ihre Ausbildung beginnen: „Lasst euch auf das, was kommt, ein und betrachtet jede Veränderung als Chance. Man lebt das Leben zwar vorwärts, versteht es aber oftmals nur rückwärts.“
Mehr Informationen zum Ausbildungsstart der Leipziger Gruppe auf www.l.de/wir-fuer-leipzig