150 Jahre Straßenbahn: Ein Buch zeigt Leipzigs mobile Seite
von Simone Liss | 02.05.2022
von Redaktion | 07.11.2022
„Hören Sie es brummen?“, fragt Ronald Juhrs, Geschäftsführer Technik und Betrieb der Leipziger Verkehrsbetriebe, und hebt den Zeigefinger. Wir stehen in einem unscheinbaren Flachbau aus DDR-Zeiten – da, wo sonst nur befugte LVB-Mitarbeiter Zutritt haben, denn es handelt sich um sogenannte kritische Infrastruktur.
In einem Bahnstromunterwerk in Leipzig-Grünau sind wir umgeben von Schaltanlagen, die aussehen wie große, nebeneinanderstehende Metallschränke. Wir spitzen die Ohren und hören ein kurzes, zartes Brummen. Gleichzeitig schlägt der Zeiger hinter dem Glasfenster einer Metalltür aus. „Eine Straßenbahn fährt gerade an“, erklärt Juhrs. Und tatsächlich vernehmen wir, wie draußen auf der großen Magistrale eine Bahn vorbeifährt. Den Strom für ihre Fahrt bezieht sie nämlich genau aus diesem Bahnstromunterwerk. Es wandelt den Wechselstrom (10 KV) vom Netzbetreiber in 600 Volt Gleichstrom für die Oberleitungen des Straßenbahnnetzes um. 46 Unterwerke gibt es in Leipzig, die jeweils einen bestimmten Gleisabschnitt mit Strom versorgen.
Dass das Bahnstromunterwerk in Grünau aus dem Jahr 1980 stammt, ist nicht zu übersehen. Nostalgiker hätten hier ihre wahre Freude. „Die Technik hat ihr Lebenswerk vollbracht“, sagt Juhrs und freut sich, dass Ines Fröhlich, Staatssekretärin für Digitalisierung und Mobilität im Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, extra aus Dresden angereist ist, um einen Fördermittelbescheid in Höhe von 1,7 Millionen Euro persönlich zu überreichen. Insgesamt kostet die Modernisierung des Gleichrichterunterwerkes, inklusive Bahnstromkabel im Umfeld, etwa 2,4 Millionen Euro. Auch der Bund beteiligt sich an den Kosten. In etwa einem Jahr sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein. Dann ist die Technik auf dem neusten Stand. Denn auch wenn das Retro-Interieur des Unterwerks Eindruck hinterlässt, Ines Fröhlich ist sich sicher: „Nur mit einem leistungsfähigen und zugleich umweltfreundlichen ÖPNV werden wir die Verkehrswende erreichen. Und nur mit solchen Investitionsvorhaben, die Elektromobilität mit modernster Technik und Innovation verbinden, werden wir den Energiebedarf verringern.“
Roland Juhrs nickt. Energie sparen ist auch das große Ziel der LVB. Dazu werden in Zukunft auch die Bahnstromunterwerke beitragen. 33 der 46 Bahnstromunterwerke sind bereits modernisiert, sechs werden gerade überholt. Nach dem Umbau aller Werke soll die elektrische Nennspannung, die ins Straßenbahnnetz eingespeist wird, in den 2030er Jahren von 600 Volt auf 750 Volt erhöht werden. „Mit der Umstellung wollen wir die Leistungsfähigkeit im Netz erhöhen und gleichzeitig bis zu fünf Prozent Energie sparen“, betont der LVB-Geschäftsführer. Möglich wird das, da die höhere Spannung auch die Leistung der Bahnen verbessert. Zudem kann die Rückspeisung über die Fahrleitung, wenn die Bahn bremst, erhöht werden.
Wollen Sie weitere spannende Fakten zum Bahnstrom wissen? Dann lesen Sie hier in unserem L-Blog.
Energie sparen ist aber nicht erst seit diesem Jahr ein Thema für die LVB: Seit 1990 konnte das Unternehmen seinen jährlichen Stromverbrauch bereits um über 40 Prozent senken, was vor allem mit dem Kauf neuer Bahnen zusammenhing. Und das Thema bleibt aktuell, meint Juhrs und berichtet vom Projekt „Straßenbahn der Zukunft“. Gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen der Städte Zwickau und Görlitz werden die LVB neue breitere Fahrzeuge anschaffen, die ab 2024 in den Probebetrieb gehen sollen. Allein Leipzig hat 25 dieser modernen Niederflurbahnen bestellt, die in der Zukunft möglicherweise auch mit alternativen, umweltfreundlichen Energien wie Wasserstoff fahren könnten. Außerdem besitzen die Fahrzeuge ein Fahrerassistenzsystem, welches das energiesparende Fahren unterstützen soll. Die Zukunft kann also kommen. Auch im Bahnstromunterwerk in Grünau, in dem es gerade wieder brummt, während eine Straßenbahn an dem unscheinbaren Gebäude vorbeifährt, das doch so unglaublich wichtig für den Bahnbetrieb ist.
In unseren Nachhaltigkeitsberichten erfahren Sie mehr darüber, wie die LVB und die Leipziger Gruppe Energie sparen.
Und mehr Infos zu den Investitionen der LVB im Jahr 2022 gibt es hier.