Auch der Mensch hat die Vorteile von Bärtierchen und Mikroorganismen entdeckt und setzt sie in der Abwasserreinigung ein. Im Klärwerk durchläuft das Abwasser mehrere Reinigungsstufen. Nachdem zunächst Grobstoffe herausgefiltert, Sand abgesaugt und organische Feststoffe abgetrennt wurden, kommen in der biologischen Reinigungsphase verschiedenartige Mikroorganismen zum Einsatz.
Hier ist die Mischung der kleinen Helfer in den Belebungsbecken wichtig. Im sogenannten Belebtschlamm entziehen Billionen winziger Organismen dem vorbehandelten Abwasser Phosphor, Stickstoff und Kohlenstoff für ihren Stoffwechsel. Zu diesen Lebewesen gehören verschiedenste Bakterienarten, Pantoffel-, Glocken-und Rädertierchen, Fadenwürmer und eben auch Bärtierchen.
Indikator fürs Ökosystem
„Auch wenn die Bärtierchen nur in sehr geringer Zahl vorkommen, so sind sie ein guter Indikator dafür, dass es diesem Ökosystem gut geht, der Belebtschlamm ausgereift ist und somit stabil funktioniert. Alter, gereifter Schlamm puffert Schwankungen besser als junger“, erläutert der Leiter des Betriebslabors der Leipziger Wasserwerke Heiko Schulze. „Die Bärtierchen stehen in der Nahrungskette der Abwasserreinigung ganz oben und sind sozusagen das Gipfeltier.“ Die Mini-Reinigungsmannschaft im Klärwerk Rosental arbeitet besonders gut bei Temperaturen über 20 Grad Celsius. Durch die tiefliegenden Becken reichen die Temperaturen im Sommer kaum über 22 Grad und durch die Eigenwärme des Abwassers im Winter nicht unter acht Grad Celsius. Dennoch sind die Leistungsträger in der kalten Jahreszeit ein bisschen träger als gewohnt, was die Abwasserfachleute mit einer höheren Menge an Mikroorganismen im System ausgleichen. Durch Sauerstoffzufuhr oder -reduzierung entstehen in den Becken optimale, wechselnde Lebensbedingungen, so dass jeweils bestimmte Organismen aktiv sind und Abbauprozesse im Abwasser vollziehen. Einfluss nehmen die Wasserwirtschaftler auch auf den pH-Wert, der neutral bis leicht basisch sein sollte. Mikroorganismen sind so ein wesentlicher Bestandteil einer umweltgerechten Abwasserbehandlung.
Wasser- und Energiekreislauf
„Das System reagiert jedoch sensibel auf äußere Einflüsse. Beeinträchtigungen können etwa durch Streusalz entstehen, das im Winter über die Kanalisation abgeleitet wird. Aber auch Haushaltschemikalien, Lacke oder Arzneistoffe, die achtlos in die Toilette gegeben werden, sind Gift für unsere kleinen Helfer“, sagt Heiko Schulze. Am Ende des Reinigungsprozesses werden das gereinigte Abwasser und der Belebtschlamm voneinander getrennt: Das Abwasser gelangt zurück in den Wasserkreislauf, der Schlamm wird im Klärwerk weiterverwendet. Ein Teil kommt zurück in die Belebungsbecken; der Rest wird entwässert und bei 37 Grad Celsius in den Faultürmen weiter zersetzt. Das entstehende Gas wandeln die Wasserwerke später in Blockheizkraftwerken in Energie und Wärme für das Klärwerk um.